28. Mai 2022

Kritik an Darstellung Evangelikaler: Schulbuch wird überarbeitet

Quelle: idea.de

Die Autorin, die Atheistin und Journalistin Susan Jacoby, behauptet: Fundamentalisten sind weniger gebildet. Screenshot: Book TV

Berlin/Bonn (idea) – Weil zwei Lehrer die einseitige Darstellung Evangelikaler in einem geplanten Englischbuch kritisieren, will der Cornelsen-Verlag (Berlin) die umstrittene Passage überarbeiten. In dem noch nicht erschienenen Band „Context 21“ werden evangelikale Christen in den USA in ein negatives Licht gerückt.
 

Im Kapitel „Fundamentalismus in Amerika“ behauptet die Atheistin und Journalistin Susan Jacoby, dass „ein unbestreitbarer, starker Zusammenhang zwischen religiösem Fundamentalismus und einer fehlenden Bildung“ bestehe. Kreationismus habe „die öffentliche Bildung in vielen Regionen des Landes nachhaltig beeinflusst und ist ein wichtiger Grund dafür, dass amerikanische Gymnasiasten weniger über die Wissenschaft wissen, als Gleichaltrige in Europa und Asien“. Der Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz, Prof. Thomas Schirrmacher (Bonn), sagte auf idea-Anfrage, Jacoby reduziere hochkomplexe Zusammenhänge in einem stark religiösen Land wie den USA auf einfache Stereotypen. So führe sie zum Beispiel Kreationismus und Intelligent Design rein auf die Evangelikalen zurück. Laut Umfragen würden aber in den USA nicht nur 70 Prozent der Evangelikalen, sondern auch 30 Prozent der Katholiken die Evolutionstheorie ablehnen. „Das zeigt, dass die wirklichen Verläufe wesentlich komplizierter sind, denn es gibt Zig-Millionen von Evangelikalen, die die theistische Evolution vertreten, und Zig-Millionen von Nichtevangelikalen, die die Evolution ablehnen“, so Schirrmacher. „Aber wenn man einer Gruppe die Schuld an allen Miseren geben will, ist für solche Differenzierungen natürlich kein Platz.“ Die Aussage, dass amerikanische Gymnasiasten wegen des verbreiteten Kreationismus weniger über Wissenschaft wissen als Gymnasiasten in Europa und Asien, sei zudem „schlicht Unsinn“. Die Evangelikalen in den USA gehörten überwiegend zur gebildeten Mittelschicht, nicht zur Unterschicht. Wer die USA kenne, wisse, dass große religiös motivierte – auch evangelikale – Universitäten ganz vorne mitmischten.

Verlag räumt falsche Darstellung ein

Der Cornelsen-Verlag teilte auf idea-Anfrage mit, dass er derartige Hinweise sehr ernst nehme. „Wie jeder andere Text des Buches spiegelt der angesprochene Text die Sichtweise seines Verfassers, aber nicht notwendigerweise die Sicht der Redaktion wider“, hieß es. „Wir werden aber Aufgabenstellungen so überarbeiten oder ergänzen, dass eine kritische Auseinandersetzung mit dem Text stärker in den Fokus gerückt wird. Gleichzeitig müssen wir einräumen, dass die Definition von ,Intelligent Design’ tatsächlich so verknappt ist, dass sie falsch ist. Wir werden sie überarbeiten.“ Ob der geplante Erscheinungstermin im Mai zu halten sein wird, sei unklar.

Kein Einzelfall

Es ist nicht das erste Mal, dass der Cornelsen-Verlag in die Kritik gerät. Ende vergangenen Jahres hatte die Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern sich kritisch zu einem Deutschbuch geäußert, in der die „Sage vom Doktor Faust“ behandelt wird. Zu den Aufgabenstellungen für die Fünftklässler gehörte unter anderem, eine Beschwörungsformel für den Teufel zu verfassen und zu überlegen, welche Verlockungen heute einen Teufelspakt rechtfertigen könnten. In einem anderen Englischbuch, das im vergangenen Jahr erschienen ist, wurden Evangelikale diskreditiert. So hieß es in einem Text: „Wir können über diese Menschen lachen, aber wir sollten sie nicht abweisen. Dass ihr Glaube schwachsinnig ist, bedeutet nicht, dass sie eine Randerscheinung sind.“