28. Januar 2022

Gericht setzt öffentlichen Protestaufrufen von Amtsträgern Grenzen

Quelle: jungefreiheit.de

Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Foto: leipzig.de

LEIPZIG. Amtsträger dürfen künftig nicht mehr zu öffentlichem Protest aufrufen, wenn sie dabei in unzulässiger Weise den Meinungsbildungsprozeß beeinflussen. Dies geht aus einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hervor. Es hatte am Mittwoch die öffentlichen Aufrufe des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Thomas Geisel (SPD) gegen die „Dügida“-Bewegung für rechtswidrig erklärt.

Geisel hatte bei einer „Dügida“-Veranstaltung im Januar 2015 als „Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus“ an öffentlichen Gebäuden das Licht ausschalten lassen. Auch sein Aufruf, sich an der Demonstration gegen den „Pegida“-Ableger zu beteiligen, sei nicht rechtens, urteilte das Gericht.

Die Richter revidierten damit ein vorangegangenes Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster. Ein Amtsträger dürfe sich zwar am politischen Meinungsbildungsprozeß beteiligen, „ihn aber nicht lenken und steuern“, stellte das Gericht in Leipzig fest.

Merkels Äußerungen rechtswidrig

Das Urteil gelte für alle Politiker, die ein Amt innehaben, ob Bürgermeister, Minister, oder auch Bundeskanzler. „Bei Äußerungen von Staatsorganen muß es sich um einen integrativen Diskurs handeln, der nicht ausgrenzen darf“, betonte der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Klaus Rennert laut Welt. „Staatsorganen ist es nicht erlaubt, öffentliche Kommunikation zu lenken oder zu steuern.“

Somit wäre auch eine Äußerung Angela Merkels (CDU) aus der Neujahrsansprache von 2015 rechtswidrig, sagte Anwalt Martin Morlok. Die Kanzlerin hatte mit Blick auf „Pegida“ davon gesprochen, diesen Menschen nicht zu folgen. Der Gerichtspräsident widersprach Morloks Einschätzung nicht.

Gang durch die Instanzen

Vor dem Verwaltungsgericht in Münster war Geisel zunächst recht gegeben worden. Er dürfe zu Gegendemonstrationen aufrufen, solange er nicht parteipolitisch einseitig handele. Allerdings sei die Nutzung städtischer Ressourcen zum Ausschalten des Lichtes gesetzeswidrig. Diese Entscheidung wollte Geisel nicht hinnehmen. Er zog vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und verlor. (ha)