30. Juni 2022

Rücksicht auf Araber: Hebräische Universität verzichtet auf Nationalhymne

Quelle: jungefreiheit.de

Foto: Thomas Schneider/agwelt

JERUSALEM. Die Philosophische Fakultät der Hebräischen Universität Jerusalem wird bei ihrer Abschlußfeier am Donnerstag auf das Abspielen der Nationalhymne verzichten. Grund sei „Rücksichtnahme auf die andere Seite“, also auf arabische Studenten, wie eine Sprecherin der Fakultät dem Armeeradiosender Galei Tzahal mitteilte. Ein Sprecher der Universität betonte, daß keine Richtlinie das Abspielen der Hymne verlange.

In der israelischen Nationalhymne Hatikva (Die Hoffnung) wird die 2000 Jahre alte Sehnsucht des jüdischen Volks besungen, als freies Volk im Lande Zion zu leben. Die meisten Araber mit israelischem Paß können sich mit der Hymne nicht identifizieren.

Netanjahu: Wir sind stolz auf unsere Hymne

In einer Videobotschaft nannte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) die Entscheidung „schändlich“. Sie sei der „Gipfel der Unterwürfigkeit und das Gegenteil von nationalem Stolz“, kritisierte er. „Wir sind stolz auf unser Land, unsere Flagge und unsere Nationalhymne.“

Netanjahu nutzte den Vorfall, um Werbung für ein von seiner Partei in die Knesset eingebrachtes Gesetz zu machen, daß Israels als „nationale Heimstätte des jüdischen Volkes“ definiert. Damit sollen „die nationalen Symbole, die uns so sehr am Herzen liegen, in Gesetz gegossen“ werden, so Netanjahu. Teil des Pakets ist auch eine Herabstufung der arabischen Sprache, die derzeit zusammen mit Hebräisch offizielle Amtssprache ist.

Bildungsminister Naftali Bennett (Jüdisches Haus) stellte in einem Telefonat mit dem Präsidenten der Universität klar, daß die Entscheidung, ob die Nationalhymne gesungen werde, nicht davon abhängen dürfe, ob damit Gefühle verletzt werden. „Die Universität ist eine staatliche Institution, keine private“, stellte Bennett klar. Eine öffentliche Einrichtung müsse Respekt vor dem Staat zeigen, der hinter ihr stehe. „Akademische Freiheit beinhaltet nicht, die Werte des Staates herabzuwürdigen.“ (tb)