29. Mai 2022

Schöpfung oder Evolution – ein «Glaubenskrieg»?

Quelle: ethos

Foto: Jürgen Hüsmert/pixelio.de

«Von Göttern und Designern. Ein Glaubenskrieg erreicht Europa.» Mit diesem Titel lockte vor einigen Jahren eine Dokumentation von «ARTE» die Zuschauer an. Auch «Der Spiegel» hatte in einer Weihnachtsausgabe einen ungewöhnlich langen Artikel mit «Glaubenskrieg um die Evolution» eingeleitet. Die Ursprungsfrage ist so intensiv wie seit Jahrzehnten nicht mehr Thema in der Öffentlichkeit.

Dr. Reinhard Junker

Ist Evolution wissenschaftlich nicht bewiesen?

Wer theologisch motiviert eine evolutive Herkunft des Menschen nicht akzeptiert, muss sich zwangsläufig der Frage stellen, wie er mit den vermeintlich überwältigenden Belegen für einen ebensolchen Ursprung des Menschen umgeht, und wie er sie im Rahmen seiner biblischen Weltsicht einordnet. Ob eine allgemeine Evolution aller Lebewesen (Makroevolution) als wissenschaftlich begründete Tatsache gelten kann, entscheidet sich an empirischen Daten der Naturwissenschaft. Biologen können in der Tat aussagekräftige naturwissenschaftliche Kritikpunkte an der Evolutionsanschauung vorlegen. Diese Kritik findet sich im deutschsprachigen Raum vor allem in «Evolution – ein kritisches Lehrbuch» und wird aus-serdem in der Zeitschrift Studium Integrale Journal und der gleichnamigen Fachbuchreihe veröffentlicht.

Ebenso müssen sich Alternativtheorien, die Bezug auf die biblische Offenbarung nehmen, anhand von Daten bewähren, wenn mit ihnen der Anspruch erhoben wird, die Ergebnisse der Naturwissenschaft erklären zu können. Auf dem Gebiet der Biologie sind hier vor allem das Grundtypenkonzept und so genannte «Design-Argumente» zu nennen. Ungleich schwerer erweist sich allerdings die Entwicklung einer alternativen historischen Geologie, die einen biblischen Kurzzeitrahmen zugrunde legt.

Um die naturwissenschaftliche Kritik an der Evolutions-theorie richtig einordnen zu können, ist eine wichtige Unterscheidung notwendig: Mikroevolution und Makroevolution müssen auseinandergehalten werden. Diese Begriffe werden in der Literatur sehr uneinheitlich verwendet; ihre Unterscheidung ist sinnvoll, wenn mit den Begriffen wie folgt verschiedene Fragestellungen verbunden werden:

Mikroevolution: Wie werden vorhandene Konstruktionen der Lebewesen optimiert?

Makroevolution: Wie entstehen Konstruktionen erstmals?

Mikroevolution sind demnach Variationsvorgänge auf der Basis bereits vorhandener Konstruktionen, während unter Makroevolution die erstmalige Entstehung neuer Konstruktionen mit völlig neuen Funktionen verstanden wird.

Mikroevolution umfasst Spezialisierungen an besondere Umweltbedingungen, Optimierungen einzelner Merkmale, Feinabstimmungen oder auch Rückbildungen. Man könnte Mikroevolution als «Variation eines Themas» beschreiben oder als «Überlebensstrategien» charakterisieren. Zur Mikroevolution gehören auch Artaufspaltungen, da dieser Vorgang in der Regel mit Spezialisierung einhergeht und nicht die Entstehung neuer Organe erfordert.

Makroevolution bedeutet dagegen Neu- oder Um-Konstruktion. Beispielsweise ist die Variation der Form des Hornschnabels von Vögeln Mikroevolution: Ein Vogelschnabel kann kurz und dick sein (geeignet zum Knacken harter Kerne), er kann aber auch fein und lang sein (was z. B. gut für das Stochern nach Insekten in Baumrinden ist). Makroevolution dagegen ist die erstmalige Entstehung des Hornschnabels von Vögeln aus dem bezahnten Kiefer eines hypothetischen Vorläuferreptils. Dabei wären in mehrfacher Hinsicht Umbauten erforderlich, die mit blossen Variationen (dicker, dünner, länger, kürzer) nicht zu erreichen sind. Aus-serdem kann ein Hornschnabel deutlich andere Funktionen ausüben als ein bezahnter Kiefer. Ein Hornschnabel ist aus anderem Material als Zähne aufgebaut; die Muskulatur muss angepasst sein, das Verhalten (Nahrungserwerb, Fressbewegungen) muss entsprechend abgestimmt sein, die Integration des Schnabels im Schädel ist anders als bei einem Zahnkiefer usw.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 12/2012.