26. Mai 2022

„Blasphemie taugt nicht als Mittel des Protests“

Quelle: idea.de

Der Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, Pastor Ulrich Rüß. Foto: PR

Kritik an der Debatte um das Urteil gegen die russische Frauen-Punkband „Pussy Riot“ haben theologisch konservative Protestanten geübt. Der Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, Pastor Ulrich Rüß (Foto), sagte, man dürfe nicht übersehen, dass das sogenannte Punkgebet „eine Litanei von Blasphemie“ gewesen sei.

Hamburg (idea) – Kritik an der Debatte um das Urteil gegen die russische Frauen-Punkband „Pussy Riot“ haben theologisch konservative Protestanten geübt. In den Medien gehe es meist nur um das Recht auf Meinungsfreiheit. Die Gotteslästerung durch die Gruppe werde jedoch übergangen, erklärte der Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, Pastor Ulrich Rüß (Hamburg), am 20. August gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Drei Mitglieder der Band waren am 17. August wegen „Rowdytums aus religiösem Hass“ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie hatten am 21. Februar in der russisch-orthodoxen Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau ein „Punkgebet“ gegen den heutigen Präsidenten Wladimir Putin und Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche angestimmt. Die Frauen schrien „göttlicher Dreck, Dreck, Dreck“ und beschimpften Patriarch Kyrill I. als „Hund“. Die Jungfrau Maria riefen sie auf, Feministin zu werden.

Gefühle der Gläubigen wurden verletzt

Rüß hält zwar die Kritik an der Höhe des Strafmaßes gegen die Frauen für berechtigt. Man dürfe aber nicht übersehen, dass das sogenannte Punkgebet „eine Litanei von Blasphemie“ gewesen sei: „Die Mitglieder der Band haben damit ganz bewusst die religiösen Gefühle der russischen Kirche und ihrer Gläubigen verletzt.“ Rüß zufolge wird der wünschenswerte Einsatz für Menschenrechte konterkariert, wenn er zu Lasten der religiösen Gefühle gehe. Daher sollte generell gelten: „Blasphemie taugt nicht als Mittel des Protests.“ Im Blick auf die EKD fragte Rüß: „Wo war hier bei aller verständlichen Urteilsschelte die ökumenische Solidarität mit der russisch-orthodoxen Kirche?“

EKD kritisiert russisch-orthodoxe Kirche

Der EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte hatte zuvor das Urteil als „völlig unangemessen“ bezeichnet. Die bisherige Haltung der russisch-orthodoxen Kirche könne er „überhaupt nicht verstehen“, sagte er gegenüber idea. Die orthodoxe Kirchenführung in Moskau hatte die Strafverfolgung gut geheißen. Schindehütte nannte es dringend geboten, dass sich die russisch-orthodoxe Kirche von diesem Justizskandal distanziere und für die Freiheit der drei jungen Frauen einsetze. Orthodoxe Kirchenvertreter gaben sich nach dem Urteil versöhnlich. Man habe den Mitgliedern der Band bereits unmittelbar nach dem „Punkgebet“ vergeben, sagte der Leiter des Moskauer Sretenski-Klosters, Tichon Schewkunow, im Staatsfernsehen. Er gilt als geistlicher Ratgeber von Präsident Putin. Der Erzpriester Maxim Koslow äußerte zugleich die Hoffnung, dass die jungen Frauen und ihre Unterstützer merkten, „dass ihre Aktionen schrecklich waren“.

Sympathisanten stören Gottesdienst im Kölner Dom

Drei Sympathisanten von „Pussy Riot“ störten am 19. August mit lauten Parolen den Gottesdienst im Kölner Dom. Ordner drängten die beiden Männer und eine Frau nach draußen. Nach Angaben der Kölner Polizei wurde gegen die Störer Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Hausfriedensbruch und Störung der Religionsausübunge gestellt.