30. Juni 2022

Dürfen Schwule und Lesben im Pfarrhaus wohnen?

Quelle: idea.de

Der Erlanger Theologieprofessor Manfred Seitz.

München/Stuttgart (idea) – Die Frage, ob gleichgeschlechtliche evangelische Geistliche im Pfarrhaus zusammenzuleben dürfen, wird in Süddeutschland heftig diskutiert.
 

Für die Zulassung sind zwei bayerische Dekanatsynoden; sie sehen ein Verbot als Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften an. Mit Eingaben an die Landessynode plädieren sie für eine Gleichbehandlung schwuler und lesbischer Partnerschaften mit der Ehe. Das bayerische Kirchenparlament wird vermutlich während der nächsten Tagung vom 21. bis 25. November in Neu-Ulm eine Entscheidung treffen. Gegen die Eingaben wenden sich mehr als 600 Kirchenmitglieder. Sie unterstützen einen Antrag des Theologieprofessors Manfred Seitz (Erlangen), dass es keine Notwendigkeit für eine Beschäftigung mit den Eingaben gebe. Diese widersprächen Gottes Wort und würden das Antidiskriminierungsverbot über die Heilige Schrift stellen.

ABC: Kirche soll Betroffenen helfen

Ähnlich argumentierte der Geschäftsführer der „Gesellschaft für Innere und Äußere Mission“, Pfarrer Albrecht Immanuel Herzog (Neuendettelsau), im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern. Seither füllen sich in der Kirchenzeitung die Leserbriefspalten. Herzogs Ansicht, dass die Kirche keine Amtsträger zulassen dürfe, die praktizierte Homosexualität durch die Autorität ihres Amts zu einer christlich legitimen Lebensform erheben, findet sowohl Zustimmung als auch massiven Protest. Gegen das Ziel der beiden Eingaben wendet sich ebenfalls der Arbeitskreises Bekennender Christen (ABC) in Bayern, dem rund 20 theologisch konservative Organisationen angehören. In einer 22-seitigen Stellungnahme stellt er fest, Aufgabe der Kirche sei es, Betroffenen zu helfen, ihre Bestimmung als Mann oder Frau zu finden und heterosexuelle Liebe zu erfahren.

Progressive: Der Fundamentalismus verteufelt

Dies wiederum kritisiert der progressive Arbeitskreis Evangelische Erneuerung in Bayern (AEE), demzufolge „der christliche Fundamentalismus andere Lebensformen außerhalb der Ehe diffamiert, verteufelt und benachteiligt“. Neben Ehe und Familie gebe es homosexuelle Partnerschaften, Partnerschaften auf Zeit, Patchwork-Familien und die Lebensform der Singles.

Keine eindeutige Regel im geplanten EKD-Pfarrerdienstrecht

In Baden-Württemberg hat sich die Diskussion um gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in Pfarrhäusern an Plänen für ein einheitliches Pfarrerdienstrecht innerhalb der EKD entzündet. Danach soll die Lebensführung von Geistlichen von Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und gegenseitiger Verantwortung geprägt sein. Diese Beschreibung betreffe nicht nur das Leitbild Ehe, sondern könne auch auf andere, mit der Bibel unvereinbare Beziehungen angewandt werden, stellt der badische Oberkirchenrat i.R. Klaus Baschang (Karlsruhe) in einer idea-Dokumentation fest. Er befürwortet eine eindeutige Aussage, dass die Kirche im Pfarramt keine Menschen beschäftigt, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. Unterstützung bekommt Baschang vom württembergischen Kirchenrat i.R. Hans Lachenmann (Crailsheim). Seine Bitte, die Dokumentation in der Pfarrerzeitschrift „Arbeit und Besinnung“ besprechen zu können, wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, man wolle nicht in einen „laufenden Prozess“ eingreifen. Im Stuttgarter Oberkirchenrat erarbeitet eine Arbeitsgruppe eine Stellungnahme zum EKD-Vorschlag.