28. September 2021

Kritik von der Kirchenbasis an Schwulensegnung

Quelle: idea.de

Der CDU-Politiker Klaus-Achim Wendel. Foto: Wetzlarer Neue Zeitung

Dillenburg (idea) – Die erste kirchliche Segnung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft im mittelhessischen Dillenburg hat zu zahlreichen kritischen Rückfragen in der hessen-nassauischen Kirche geführt, aber kaum zu zusätzlichen Kirchenaustritten. Das ergab eine idea-Umfrage.
 

Am 4. September hatten der Dillenburger Stadtverordnetenvorsteher Klaus-Achim Wendel (CDU) und sein Lebenspartner Gavin Thomas ihre Partnerschaft in der Dillenburger Stadtkirche segnen lassen. Das ist in der hessen-nassauischen Kirche seit 2002 grundsätzlich möglich. Rund 20 Anrufe von Kritikern erhielt Dekan Roland Jaeckle (Dillenburg). Sie hätten angekündigt, wegen der Homo-Segnung aus der Kirche austreten zu wollen, sagte Jaeckle idea. Ob sie diesen Schritt vollziehen, sei aber fraglich. Kein Pfarrer und keine Gemeinde könne gezwungen werden, eine solche Partnerschaft zu segnen. Das Dekanat Dillenburg verzeichnet laut Jaeckle jährlich etwa 120 Austritte: „Mir tut es leid um jeden, der geht.“

Propst: Bibel sagt nichts über homosexuelle Liebe

Zwei kritische Rückfragen gingen beim zuständigen Propst Michael Karg (Herborn) ein, darunter ein anonymes Schreiben. Er wisse zudem von zwei Kirchenmitgliedern, die sich an die Kirchenleitung in Darmstadt gewandt hätten. Als 2002 der Weg für die Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften in der Kirche ermöglicht wurde, habe es ungleich mehr Kritik gegeben, sagte Karg. Er begrüßte es, dass zwei Menschen, die sich lieben, für ihre Beziehung um den Segen Gottes bitten. Über homosexuelle Liebesbeziehungen sage die Bibel nichts aus, so Karg. In den wenigen kritischen Bibelstellen gehe es um kultische Prostitution oder um den sexuellen Missbrauch an Lustknaben. Hierzu habe er ebenfalls ein entschiedenes Nein.

Zwei zusätzliche Kirchenaustritte

Nach Auskunft des Dillenburger Amtsgerichts gab es nach der Schwulensegnung einen leichten Anstieg bei den Kirchenaustritten. Durchschnittlich erklärten drei Personen pro Woche ihren Austritt, jetzt seien es fünf gewesen. „Ob es da einen Zusammenhang mit der Segnung gibt, wissen wir nicht“, sagte ein Mitarbeiter. Die Gründe für einen Austritt würden nicht erfragt.

Wurde der Segen „erkauft“?

Stadtverordnetenvorsteher Wendel wies gegenüber dem „Herborner Tageblatt“ Behauptungen als „bösartigen Unfug“ zurück, er habe sich den Kirchensegen mit Geld erkauft, weil er anstelle von Hochzeitgeschenken um Spenden zur Reparatur des Kirchendachs gebeten habe. Als der Kirchenvorstand seine Zustimmung zur Segnung gegeben habe, sei noch nicht bekannt gewesen, wofür er und sein Partner das Geld sammeln würden.