28. September 2021

Hat sich das Universum selbst erschaffen?

Quelle: idea.de

Britische Theologen widersprechen Astrophysiker Stephen Hawking. Foto: Wikipedia

London (idea) – Hat sich das Universum selbst aus dem Nichts hervorgebracht oder hat Gott die Welt erschaffen? Über diese Frage ist in Großbritannien eine heftige Debatte zwischen Naturwissenschaftlern und Theologen entbrannt. Sie entzündet sich an einem in Kürze erscheinenden Buch des Astrophysikers Stephen Hawking „Der große Entwurf – Eine neue Erklärung des Universums“.
 

Die Londoner Zeitung Times veröffentlichte Auszüge aus dem Werk, das am 7. September in Deutschland auf den Markt kommt. Der 68-jährige Wissenschaftler vertritt darin die These, dass für die Entstehung des Universums kein Gott nötig sei. Weil es Naturgesetze wie etwa die Schwerkraft gebe, könne sich das Universum aus sich selbst erschaffen. Der Urknall sei eine unausweichliche Konsequenz der physikalischen Gesetze. Die „Hand Gottes“ sei dafür nicht nötig.

Erzbischof: Wir glauben an den Schöpfer

Hawking erntet heftigen Widerspruch von christlichen, jüdischen und muslimischen Theologen. Das geistliche Oberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Rowan Williams (London), erklärte gegenüber der Times: „Beim Glauben an Gott geht es nicht darum, eine Lücke in der Erklärung zu finden, wie eine Sache mit einer anderen im Universum in Beziehung steht. Es geht vielmehr um den Glauben, dass es ein intelligentes, lebendiges Wesen gibt, von dessen Handeln letztlich alle Existenz abhängig ist.“ Ähnlich äußerte sich der britische Oberrabbiner Lord Sacks: „Der Naturwissenschaft geht es um Erklärungen, der Religion um Deutung. Die Bibel ist nicht interessiert an der Frage, wie das Universum entstanden ist.“ Ihm stimmte der katholische Erzbischof von Westminster, Vincent Nichols, zu. Der Vorsitzende des britischen Muslimischen Rats, Imam Ibrahim Mogra, erklärte: „Wenn wir das Universum und alles Geschaffene betrachten, erkennen wir Hinweise darauf, dass es jemand hervorgebracht hat. Dieser ist der allmächtige Schöpfer.“

Atheist: Hawking versetzt Gott den Gnadenstoß

Unterstützung erhält Hawking vom Oxforder Evolutionsbiologen Prof. Richard Dawkins. Der Autor des Bestsellers „Der Gotteswahn“ gehört zu den bekanntesten Vertretern eines modernen Atheismus. Er sagte der Times: „Der Darwinismus hat Gott aus der Biologie herausgeworfen, aber die Physik blieb bisher unklarer. Hawking hat ihm jetzt den Gnadenstoß versetzt.“

Hawking ändert seine Meinung

Hawking, der seit 1963 an Muskelschwäche sowie einer degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems leidet und nicht mehr sprechen kann, zählt zu den herausragenden Astrophysikern der Gegenwart. Sein neues Buch enthält eine Abkehr von früheren Werken. In seinem 1988 erschienenen Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ hatte er die Meinung vertreten, dass die Vorstellung von einem Schöpfergott nicht unvereinbar sei mit einem wissenschaftlichen Verständnis des Universums. Hawking ist Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Sein neues Buch kommt kurz vor dem Besuch von Papst Benedikt XVI. in Großbritannien auf den Markt. Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche wird das Land vom 16. bis 19. September besuchen.