2. Dezember 2021

Presserat weist Beschwerden gegen „Titanic“ zurück

Quelle: idea.de

Christen sehen in Titelbild eine Schmähung religiöser Überzeugungen.

Berlin (idea) – Der Deutsche Presserat hat die Beschwerden gegen die April-Ausgabe des Satiremagazins „Titanic“ als unbegründet zurückgewiesen. Auf der Titelseite war zu sehen, wie ein Priester vor dem am Kreuz hängenden Jesus kniet.
 

Kritiker deuteten die Szene so, dass der Geistliche den Gekreuzigten mit dem Mund sexuell befriedigt. Das Heft spielte damit auf den Missbrauchsskandal in kirchlichen Einrichtungen an. 198 Bürger hatten sich an das Aufsichtsgremium gewandt und gegen das Titelbild protestiert. Die Beschwerdeführer sehen darin vor allem einen Verstoß gegen die Ziffer zehn des Pressekodex. Darin heißt es: „Die Presse verzichtet darauf, religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen.“ Wie der Presserat am 28. Mai in Berlin mitteilte, sah der Beschwerdeausschuss dies jedoch anders. Die vorliegende Karikatur sei die zugespitzte Darstellung eines gesellschaftlichen Missstandes innerhalb der Institution Kirche und schmähe nicht eine Religion als solche. Aufgabe von Karikaturen und Satire sei es, Diskussionen in einer Gesellschaft so aufzugreifen, dass sie diese pointiert und manchmal auch an Grenzen gehend darstelle. Die aktuelle Debatte über den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in der katholischen Kirche werde in der Darstellung visualisiert. Die Karikatur sei provozierend und veranlasse Leser, über die Missstände in der Kirche nachzudenken.

Kirche muss mit der Kritik leben

Ursula Ernst, Vorsitzende des Beschwerdeausschusses: „Hier wird nicht Jesus oder der christliche Glaube verhöhnt, sondern das Verhalten christlicher Würdenträger kritisiert, die sich ihren Schutzbefohlenen gegenüber falsch verhalten haben. Eine Kirche, die dies deckt oder nicht genügend zur Aufklärung beiträgt, muss auch mit dieser Art von Kritik leben.“ Nach Ansicht des Ausschusses stellt die Karikatur auch Jesus am Kreuz als Opfer dar. Es handele sich somit eben nicht um die Verhöhnung der religiösen Gefühle der Gläubigen, sondern um eine Kritik an den Würdenträgern und der dahinter stehenden Kirche. Bereits im April hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main entschieden, kein Verfahren gegen das Magazin einzuleiten. Dort waren mindestens 18 Anzeigen von Personen eingegangen, die dem Blatt die Beschimpfung einer Religionsgemeinschaft und/oder Volksverhetzung vorwarfen. Die Zeitschrift hat eine Druckauflage von etwa 100.000 Exemplaren. Chefredakteur ist Leo Fischer. Zu den Gesellschaftern gehört der Komiker Otto Waalkes (Hamburg).