6. Dezember 2021

Trotz Kritik: „Friedenspartner“-Tagung mit Hamas findet statt

Quelle: idea.de

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der frühere CDU-Politiker Johannes Gerster, hat den Eindruck, die Hamas solle hoffähig gemacht werden. Foto: Privat

Stuttgart (idea) – Trotz massiver Kritik wird die Einladung an die Palästinenser-Organisation Hamas zu einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll bei Göppingen nicht zurückgenommen. An der Konferenz „Partner für den Frieden – mit Fatah und Hamas reden“ vom 11. bis 13. Juni soll unter anderem der Hamas-Gesundheitsminister Basem Naim teilnehmen.
 

Hamas wird von der EU als Terrororganisation eingestuft, weil sie das Existenzrecht Israels bestreitet und den jüdischen Staat mit Bomben und Selbstmordattentaten bekämpft. Dennoch hat sich die Akademie vorgenommen, zu erläutern, warum es für eine Friedenslösung wichtig sei, mit Hamas und der konkurrierenden Bewegung Fatah zu reden. Gegen die Charakterisierung der Hamas als „Friedenspartner“ gingen in den letzten Tagen bei der Akademie und bei der Landeskirche zahlreiche Protestschreiben ein. Die Kritik werde von der württembergischen Kirchenleitung ernst genommen, erklärte der Sprecher der Landeskirche, Pfarrer Christian Tsalos (Stuttgart), gegenüber idea. Allerdings sei es unzweifelhaft, dass die Landeskirche ohne Abstriche zum Existenzrecht Israels stehe. Die Verbundenheit mit Israel und palästinensischen Christen habe eine lange Tradition. Zu den Aufgaben der Evangelischen Akademie gehöre, Brücken zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Einsichten zu bauen sowie Beteiligte an internationalen Konflikten zusammenzubringen. Um dabei „ungewohnte Wege“ gehen zu können, brauche die Akademie einen „Freiraum“. Die Kirchenleitung gehe davon aus, dass die Akademie bei der Vorbereitung der Friedenspartner-Tagung ihrer Verantwortung nachgekommen sei und dass die Gespräche bei der Tagung nicht dem Anliegen der Kirche widersprechen werden.

Deutsch-Israelische Gesellschaft: Hamas wird hoffähig gemacht

Unter den Kritikern ist auch der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der frühere CDU-Politiker Johannes Gerster (Mainz). Er habe den Eindruck, die Hamas solle hoffähig gemacht werden, schrieb er an den amtierenden EKD-Ratsvorsitzenden, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf). Mit solchen Tagungen würden „die kompromissunfähigen Hamas-Leute eher ermuntert, den Kampf gegen Israel so lange fortzusetzen, bis der letzte Jude Palästina tot oder lebendig verlassen hat“. Vor zwei Jahren hatte Gerster bei einer Tagung in Bad Boll gefordert, die Hamas mit Hilfe von pragmatischen Hamas-Bürgermeistern in die Verhandlungen mit Israel einzubeziehen, da die Palästinenser ohne Beteiligung der Hamas keinen Vertrag mit Israel abschließen würden. Dazu heißt es jetzt in Gersters Schreiben an Schneider, er selbst habe in Palästina zwar mit der Hamas gesprochen, dafür aber nie ein öffentliches Forum geboten. Die Bundeszentrale für politische Bildung lehnt eine Unterstützung der Tagung ab. Sie habe nach Prüfung des Programms festgestellt, dass die Förderung einer Veranstaltung mit einem Hamas-Vertreter durch die Bundeszentrale nicht in Betracht komme, teilte ihr Sprecher Daniel Kraft (Bonn) idea mit.