29. Januar 2022

Protest gegen Seelsorge-Kongress droht zu eskalieren

Quelle: idea.de

Vorsitzender der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, Chefarzt Martin Grabe (Oberursel bei Frankfurt am Main)

Marburg (idea) – Der Veranstalter des Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge vom 20. bis 24. Mai in Marburg will dem Druck der Kritiker nicht nachgeben. Eine Absage des Treffens stehe nicht zur Debatte, sagte der Vorsitzende der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, Chefarzt Martin Grabe (Oberursel bei Frankfurt am Main), gegenüber idea.
 

Ein Bündnis „Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus“ hat angekündigt, den Kongress zu verhindern. Das von 31 zum Teil linksradikalen Organisationen getragene Bündnis wirft dem Treffen vor, dass dort Referenten auftreten, die Homosexualität als „krankhaft und nicht erwünscht“ stigmatisierten. Diese Kritiker wenden sich zugleich „gegen die homophobe und religiös-fundamentalistische Ausrichtung der evangelikalen Bewegung“. Scharfe Kritik an dem Treffen hatten auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland und der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, der bekennende Homosexuelle Volker Beck, geübt. Sie behaupten, dass bei dem Kongress Referenten mitwirken, die Homosexuelle zu Heterosexuellen „umpolen“ wollten.

Sicherheitskonzept erstellt
Grabe sagte, diese Vorwürfe seien weit entfernt von jeder Sachdiskussion, da es auf dem Treffen um das Thema „Identität – Der rote Faden in meinem Leben“ gehe und nicht um Homosexualität. Wegen möglicher Gewaltaktionen habe der Veranstalter mit der Polizei ein Sicherheitskonzept erstellt. Zur Konferenz werden rund 1.000 Experten aus Medizin und Theologie erwartet. Unterdessen ist es zu Gewaltakten gegen das Treffen gekommen. Unbekannte beschmierten in der Nacht zum 11. Mai mehrere Gebäude mit Parolen. Betroffen sind evangelikale Einrichtungen wie die Stiftung Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor, die Marburger Mission, der Christus-Treff und die Evangelische Stadtmission. Gebäude, Schautafeln und Hinweisschilder wurden mit Aufschriften besprüht wie „Kein Kongress!“, „Fight Homophobia“ (Bekämpft die Angst vor Homosexualität) und „homophobi heilen“. Die Einrichtungen haben Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet. Den Ermittlungen der Polizei zufolge wurden in der Tatnacht sieben Sachbeschädigungen verübt. Die Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor erklärte zu den Vorfällen, man habe kein Verständnis für diese Aggression: „Mit solchen Aktionen werden in unserer Stadt Grundrechte unserer Demokratie wie Meinungs- und Glaubensfreiheit sowie Eigentumsrechte verletzt und letztlich deutlich gemacht, dass es längst nicht mehr um inhaltliche Fragen während eines Kongresses geht.“

CDU-Politiker: Eskalation verhindern
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Heck verurteilte die „feigen Aktionen aufs Schärfste“. Mit den gewalttätigen Ausschreitungen gegen christliche Einrichtungen habe die Auseinandersetzung um den Kongress eine neue Qualität erfahren. Heck forderte alle Demokraten auf, eine Eskalation zu verhindern. Man dürfe nicht zulassen, „dass Extremisten den toleranten und weltoffenen Geist der Universitätsstadt Marburg gefährden“. Inzwischen haben sich über 600 Personen aus Kirche, Politik und Gesellschaft in einer gemeinsamen Erklärung gegen Versuche gewandt, die Rede- und Wissenschaftsfreiheit bei dem Kongress zu beschneiden. Das Votum trägt den Titel „Für Freiheit und Selbstbestimmung – gegen totalitäre Bestrebungen der Lesben- und Schwulenverbände“. Zu den Unterzeichnern gehören der frühere Bundesfinanz- und -verteidigungsminister Hans Apel (SPD), der Philosoph Robert Spaemann (München), der Staats- und Verfassungsrechtler Martin Kriele (Köln), der württembergische evangelische Altbischof Theo Sorg (Ostfildern), der Vorsitzende der Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands, Pastor Ulrich Rüß (Hamburg), der Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Ansgar Hörsting (Witten), und der Salzburger katholische Weihbischof Andreas Laun.