30. Juni 2022

Reinen Wein einschenken

Quelle: jungefreiheit.de

von Markus Brandstetter

Mit den meisten Dingen im Leben verhält es sich so: Sie kosten Geld, und das muß von irgendwo herkommen. Alle Haushalte funktionieren so, alle Familien und alle Firmen ebenfalls. Nur Staaten, Kommunen, Städte und Gemeinden funktionieren offenbar nicht so. Da ist das Geld immer schon da. Und wenn keines mehr da ist, wird entweder neues gedruckt, oder es werden die Steuern erhöht. Oder mehr Schulden gemacht. Und schon ist wieder Geld da.

Das muß die Logik sein, die hinter der Willkommenskultur steckt und dem infernalischen Satz: „Wir schaffen das.“ Dieser Spruch, der das Credo derer ist, die nicht nachdenken, nicht nachrechnen und nicht sparen müssen, sondern immer aus dem vollen schöpfen. Und die das können, weil das Geld, das sie ausgeben, nicht ihr eigenes ist. „Other People’s Money“ eben. So hatte es immer geheißen, wenn Wallstreet-Finanziers mit riskanten Geschäften das Vermögen ihrer Kunden vernichteten, dabei selber aber glänzend verdienten.

Anderer Leute Geld ausgeben

Für Angela Merkel ist anderer Leute Geld das Geld, das die Flüchtlinge kosten werden, die sie bei uns willkommen heißt. Keinesfalls ihr Geld, denn sie hat ja lebenslänglich ausgesorgt.

Und weil es anderer Leute Geld ist, muß darüber auch keiner Rechenschaft ablegen. Vermutlich weil das kleinlich ist oder herzlos. Oder zu kompliziert. Oder weil es nach der sprichwörtlichen schwäbischen Hausfrau klingt, von deren Rechenkünsten keiner mehr etwas wissen will, weil sie die Wahrheit an den Tag brächten.

Zwanzig Milliarden Euro in diesem Jahr

Deshalb rechnen wir jetzt selber nach. Das ist ganz einfach, und dazu brauchen wir auch nicht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, das sich bei politisch sensiblen Themen ja gerne verrechnet. Also: Etwas mehr als eine Million Flüchtlinge werden in diesem Jahr nach Deutschland kommen, aber lassen wir fünf gerade sein und nehmen wir nur eine Million an, das ist leichter im Kopf zu rechnen. Jeder Flüchtling verursacht im Schnitt Kosten von 20.000 Euro im Jahr. Nur die in diesem Jahr gekommenen Asylbewerber werden also in Summe 20 Milliarden Euro kosten.

Das stimmt auf den ersten Blick nicht ganz, weil nicht jeder Flüchtling wirklich das ganze Jahr in Deutschland verbracht hat, aber wenn wir die Zusatzkosten für Bahn und Polizei, den Verwaltungsaufwand, die Erstversorgung der Menschen und die Kosten für Ärzte und Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen und Notunterkünfte dazurechnen, dann paßt das wieder. Mit 20 Milliarden Euro werden wir rechnen müssen. Wohlgemerkt: nur in diesem Jahr, und nur für die Flüchtlinge, die 2015 angekommen sind.

Ausgaben fast wie Sozialhilfekosten

Ist das jetzt viel oder wenig? Einfach so läßt sich das nicht sagen, dazu brauchen wir Vergleichszahlen. Nehmen wir die Netto-Ausgaben für Sozialhilfe in ganz Deutschland. Die lagen 2013 bei 25 Milliarden Euro. Das heißt also: Die Flüchtlinge, die dieses Jahr kommen, brauchen nur in diesem Jahr 80 Prozent der gesamten Sozialhilfeleistungen, die noch 2013 an alle Einwohner Deutschlands bezahlt wurden.

Oder nehmen wir als Vergleichspunkt den Etat von Verkehrsminister Dobrindt. Der liegt 2015 bei 23 Milliarden Euro, 2016 soll er 25 Milliarden Euro betragen. Viel zuwenig, wenn man bedenkt, daß 20 Prozent der Autobahnen, 40 Prozent der Bundesstraßen und die Hälfte aller Brücken kaputt sind. Jedes Jahr müßten wir 10 Milliarden Euro mehr in unsere Verkehrsinfrastruktur investieren, um das Problem endlich in den Griff zu kriegen.

Ein Ende ist nicht abzusehen

Allein diese paar Zahlen sagen alles: Nur für die Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen, sind Summen aufzuwenden, mit denen man haufenweise Straßen, Schienen, Brücken und Autobahnen auf einen Schlag modernisieren könnte – von all den Segnungen, die Schulen, Universitäten oder der Krebsforschung damit zuteil werden könnten, gar nicht zu reden.

Aber die 20 Milliarden Euro aus diesem Jahr sind erst der Anfang. Im nächsten Jahr wird vielleicht keine Million Menschen mehr kommen, aber ein paar hunderttausend werden es sicherlich sein. Und in diesem Tempo wird es wahrscheinlich noch einige Jahre lang weitergehen, denn Zäune und Obergrenzen will die Regierung nicht. Nehmen wir die 200.000 Flüchtlinge aus dem Jahr 2014 und die 127.000 aus dem Jahr davor dazu, dann wird die Gesamtzahl in wenigen Jahren zwei Millionen ausmachen, vielleicht zweieinhalb. Eine Großstadt also.

Bald den Verteidigungshaushalt eingeholt

Von denen wird dann im Schnitt jeder immer noch 12.000 Euro im Jahr kosten, weil einige, aber keineswegs alle arbeiten werden – und wenn, dann wiederum hauptsächlich in unqualifizierten Jobs. Multiplizieren wir diese zweieinhalb Millionen Asylbewerber mit 12.000 Euro pro Kopf und Jahr, dann kommen wir auf 30 Milliarden Euro im Jahr, eine Größenordnung, die auch die Wirtschaftswissenschaftler Clemens Fuest und Bernd Raffelhüschen errechnet haben. 30 Milliarden Euro – das entspricht fast dem Verteidigungshaushalt, der in diesem Jahr bei 33 Milliarden Euro liegt.

Nun sagt Angela Merkel ja immer: „Wir schaffen das.“ Aber dieser Spruch steht auf ganz wackeligen Füßen. Die deutsche Wirtschaft ist nämlich seit Jahren ein Schiff unter vollen Segeln, in die der Wind der Hochkonjunktur kräftig hineinbläst. Seit dem Einbruch von 2009 wächst die deutsche Wirtschaft kontinuierlich, und die Arbeitslosigkeit liegt auf dem tiefsten Stand seit 24 Jahren. Aber das wird nicht so bleiben, denn Volkswirtschaften laufen in Zyklen, die in der Regel sieben oder acht Jahre dauern.

Schon 2017 oder 2018 könnte es mit dem Wachstum erst einmal vorbei sein – genau dann also, wenn die Kosten für die Flüchtlinge voll reinhauen. Und der mit so viel Tamtam angekündigte Stopp bei der Neuverschuldung des Bundes wird dann Geschichte sein und noch mal für ein paar extrem rote Köpfe sorgen.

JF 50/15