17. September 2021

Ein Jahr Bundesfreiwilligendienst: Mehr Nachfrage als Plätze

Quelle: idea.de

Foto: bundesfreiwilligendienst.biz

Vor einem Jahr wurde der Zivildienst durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzt. Derzeit sind rund 33.000 Personen als „Bufdis“ tätig. Etwa 4.600 von ihnen tun Dienst in der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie. Damit wurden die Erwartungen übertroffen.

Berlin/Kassel (idea) – Vor einem Jahr wurde der Zivildienst durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzt. Nach zunächst holprigem Start ist das Interesse an dem Angebot stark gewachsen. Diese Erfahrung machen auch christliche Verbände. Derzeit sind rund 33.000 Personen als „Bufdis“ tätig. Etwa 4.600 von ihnen tun Dienst in der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie. „Die Erwartungen wurden damit übertroffen“, so das Diakonische Werk der EKD. Die Teilnehmerzahlen könnten aber noch deutlich höher sein, wenn es mehr Mittel für den Bundesfreiwilligendienst gäbe, so Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier (Berlin). Er fordert, sowohl diesen Dienst als auch das Freiwillige Soziale Jahr finanziell besser auszustatten. Bereits im ersten Jahr habe bei der Diakonie die Zahl der Bewerber höher gelegen als die der Plätze. Anders als beim Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr gibt es beim Bundesfreiwilligendienst keine Altersgrenze nach oben. Rund 80 Prozent der „Bufdis“ bei Kirche und Diakonie sind jünger als 27 Jahre, knapp ein Prozent älter als 65. Ein Träger des Bundesfreiwilligendienstes im evangelikalen Bereich ist der Ring Missionarischer Jugendbewegungen (RMJ) mit Sitz in Kassel. In ihm sind 70 Werke und Verbände zusammengeschlossen. Dort gibt es 216 „Bufdi“-Plätze. „Es könnten auch 500 Plätze sein. Doch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben genehmigte aus finanziellen Gründen keine weiteren Plätze“, bedauerte RMJ-Generalsekretär Thomas Weigel am 26. Juni gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Für das kommende Jahr darf der Ring nur noch 194 Plätze mit „Bufdis“ belegen. 50 Plätze sind noch nicht besetzt. Pro Freiwilligen erhalten die 259 Einsatzstellen des RMJ monatlich 100 Euro.

Die älteste „Bufdi“ beim RMJ ist 82

Weigel wünscht sich, dass sich mehr Ältere als „Bufdi“ einbringen, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit: „Gerade dort können sie mit ihrer Erfahrung und ihren Lebensgeschichten eine Bereicherung und vor allem Vorbilder sein.“ Die älteste „Bufdi“ beim RMJ ist eine 82-jährige, die im „Cafeimpuls“ des christlichen Begegnungszentrums Impuls in Berlin-Pankow Gespräche mit Gästen führt, serviert oder in der Küche aushilft. Die meisten „Bufdis“ in den RMJ-Einsatzstellen engagieren sich in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Derzeit sind dort nur rund zehn Prozent der Freiwilligen älter als 27 Jahre. Bundesweit machten im Mai die über 27-Jährigen nach Angaben des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mehr als ein Drittel der knapp 33.000 Bundesfreiwilligen aus. Fast jeder Fünfte war älter als 50.

Im Osten mehr ältere „Bufdis“

Genutzt wird der Bundesfreiwilligendienst vor allem von Personen, die sich in einer Umbruchphase befinden, etwa nach Abschluss der Schule, nach einer Familienphase oder als Qualifizierungsmöglichkeit bei Arbeitslosigkeit, aber auch zur Aufbesserung der Rente. Dies ergab eine Studie des Centrums für soziale Investitionen und Innovationen der Universität Heidelberg und der Hertie School of Governance (Berlin). Auffällig sei die unterschiedliche Zusammensetzung der Teilnehmerschaft in Ost und West, so die Wissenschaftler: Im Osten macht die Altersgruppe der 27- bis 65-Jährigen bis zu Dreiviertel der „Bufdis“ aus, in den meisten westlichen Bundesländern sind sie lediglich mit rund 20 Prozent vertreten. Als ein Grund wird nach der Studie die höhere Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands vermutet.