9. Mai 2021

Warum kommt Mission so mühsam voran?

Quelle: idea.de

Foto: idea/kairospress

Wetzlar (idea) – Evangelisation kommt in Deutschland nur mühsam voran, obwohl sie sich die EKD seit der Leipziger „Missionssynode“ im Jahr 1999 auf die Fahne geschrieben hat. Woran liegt das? Dieser Frage geht der Leiter der größten Missionsaktion in Europa „ProChrist“, Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel), in einem Beitrag für die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) nach.

„Ich habe einen Verdacht: Die Begriffe Mission und Evangelisation werden inzwischen so weit gefasst, dass alles darunter fällt, was in der Kirche sowieso schon geschieht“, schreibt er. Tatsächlich böten Gottesdienste, Taufen, Trauungen, Beerdigungen und Gemeindeveranstaltungen großartige Möglichkeiten – „wenn in ihnen die Einladung zum Glauben an Jesus Christus tatsächlich zur Sprache kommt“. Doch obwohl es sich der Bibel zufolge letztlich um eine Frage von „Leben und Tod“ handele, sei dies nicht immer gewährleistet, bedauert Parzany. In der evangelischen Diakonie und der katholischen Caritas arbeiteten über 950.000 Angestellte – also mehr als in der Automobilindustrie; und doch gebe es „nur eine Handvoll hauptamtliche Evangelisten“ in den Landeskirchlichen Missionarischen Diensten. Parzany: „Weil ja alles in der Kirche ‚Mission’ ist, hat man die speziellen Dienste der Evangelisten schlicht abgeschafft. Wie tragisch!“

Kritik: „Transformation“ statt „Evangelisation“

Einen Mangel an evangelistischer Verkündigung macht der ProChrist-Leiter aber nicht nur in der Volkskirche aus; auch in den Freikirchen und pietistischen Gemeinschaften werde sie zunehmend vom Begriff „Gesellschaftstransformation“ abgelöst: Christen versuchen, dem Evangelium zum Durchbruch zu verhelfen, indem sie die Gesellschaft verändern. Parzany lehnt dieses Bemühen nicht rundweg ab, kritisiert aber die Zielvorstellung: „Wer meint, er würde durch diakonisches und politisches Handeln Relevanz in der Gesellschaft gewinnen und könnte dadurch dem Evangelium mehr Gehör verschaffen, der täuscht sich!“ Bei allen positiven Veränderungen, die aufgrund der Bekehrung Einzelner und des vorbildhaften Lebens der Gemeinden möglich seien, habe sich Gott die endgültige Transformation der Gesellschaft vorbehalten – „durch die Auferweckung der Toten, das Weltgericht und die Schaffung des neuen Himmels und der neuen Erde“. Darauf vertrauten Christen; sie handelten nicht aus der Vermessenheit heraus, dass sie das selbst schaffen könnten.

Ohne Christus in Ewigkeit verloren

Nach Parzanys Auffassung mangelt es den Christen zurzeit am Bewusstsein „über die Dramatik, dass alle Menschen ohne Jesus Christus in Ewigkeit verloren gehen, also von Gott getrennt und verdammt sind“. Ferner fehle „das Vertrauen in die Wirksamkeit des Wortes Gottes“. Der Glaube komme aus der Predigt (Römerbrief 10,17). Parzany: „Eine soziale Pantomime reicht daher nicht aus!“

Fundamentalismus-Keule gegen Evangelikale

Die Verkündigung dürfe sich nicht auf private Gespräche beschränken, denn die öffentliche Predigt signalisiere den Anspruch auf verbindliche Gültigkeit der christlichen Botschaft für alle Menschen. Doch das sei, so Parzany, „nach postmodernem Verständnis unerträglicher Fundamentalismus“. In den Massenmedien werde „immer kräftiger die Keule des Vergleichs von Evangelikalen mit islamistischen Fundamentalisten geschwungen“. Als Folge zögen sich viele Christen in private Nischen zurück. Das lehnt Parzany ab: „Wir brauchen neuen Mut, mit der Verkündigung der Guten Nachricht in die Öffentlichkeit zu gehen.“