30. November 2021

An Jesus kommen letztlich auch Juden nicht vorbei

Quelle: idea.de

Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider. Foto: idea/kairospress

Berlin/Leipzig (idea) – Zur Frage, ob Christen Juden missionieren dürfen, hat der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), Stellung genommen. Christen sei die Judenmission aus biblischer Sicht nicht empfohlen; allerdings gelte die Einladung zum Glauben an Jesus Christus grundsätzlich allen Menschen, sagte er in einem Interview mit „Welt-Online“ (Berlin).

Der EKD-Ratsvorsitzende: „Ein Christ kann sagen, dass Jesus Christus für ihn der Messias ist, dass er Jesus in dessen jüdischer Tradition sieht und dass Jesus auch der Messias für Israel ist. Paulus schreibt im Römerbrief, dass am Ende der Zeiten, wenn die übrigen Völker die christliche Botschaft erkannt haben, auch der Rest Israels hinzukommt.“ Dies könne ein Christ auch so deuten, „dass das jüdische Volk am Ende der Zeiten nicht an Jesus vorbeikommen wird“. Eine Missionierung setze freilich eine absichtsvolle Strategie voraus, die den Glauben der Juden ändern wolle. Dies halte er nicht für angebracht, so Schneider, denn Juden wie Christen glaubten an den Gott Israels. Das sei beim Islam anders. Dieser sei nicht „die Wurzel“ der Christen. Schneider: „Aber wir haben natürlich allen Grund, den Dialog mit den Muslimen zu pflegen, damit wir zu einem freundlichen Miteinander gegenseitiger Wertschätzung kommen.“

Schneider erhält Buber-Rosenzweig-Medaille

Schneider wird am 11. März in Leipzig zu Beginn der „Woche der Brüderlichkeit“ mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Damit würdigt der Deutsche Koordinierungsrat – ein Dachverband von mehr als 80 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit – Schneiders Wirken für die Beziehungen zwischen Juden und Christen. Die Auszeichnung ist nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) benannt.

Wenn Israel zum Militärschlag greift

Im „Welt“-Interview äußert sich Schneider auch zur Einstellung der evangelischen Kirche zum Staat Israel. Wenn sich dieser wegen der iranischen Atomdrohung zu einem Militärschlag entschlösse, würde es laut Schneider „keine einheitliche Sprachregelung“ für evangelische Geistliche geben. Die meisten dürften aber beklagen, dass diplomatische Mittel nicht stärker genutzt worden wären. Andere würden Verständnis für die Sicherheit Israels zum Ausdruck bringen. Schneider: „Die meisten werden den Krieg ablehnen, denn Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“

Kritik an Israel im Protestantismus

Schneider nimmt auch zu israel-kritischen Äußerungen im Protestantismus Stellung, etwa zum „Kairos-Papier“, in dem Palästinenser zum Boykott Israels aufrufen. Daran habe er „kritische Fragen“, sagte Schneider. „Erschrocken“ sei er über einen Artikel im Deutschen Pfarrerblatt, in dem „Landnahme“ als Hauptziel bei der Gründung des Staates Israel 1948 genannt wurde. Wie der EKD-Ratsvorsitzende hinzufügte, verschließe er sich bei seiner grundsätzlichen Solidarität mit Israel aber auch nicht den Klagen der Palästinenser.