17. September 2021

Jetzt bei Facebook aussteigen?

Quelle: idea.de

Foto: Gerd Altmann/pixelio.de

Wetzlar (idea) – Für heftige Diskussionen sorgt eine Neuerung beim sozialen Internet-Netzwerk Facebook, die für alle 800 Millionen Mitglieder verpflichtend ist. Im Laufe des Februars wird eine Chronik eingeführt. Aus dem Profil des Mitglieds wird ein virtueller Lebenslauf. Datenschützer sehen dadurch die Privatsphäre bedroht. Soll man jetzt bei Facebook aussteigen? Der frühere EKD-Ratsvorsitzende, Bischof i.R. Wolfgang Huber (Berlin), und der Leiter des Internetdienstes von ERF Medien (früher Evangeliums-Rundfunk), Jörg Dechert (Wetzlar), geben gegensätzliche Antworten in Beiträgen für die Evangelische Nachrichtenagentur idea.

Huber ist aufgrund der Neuerung bei Facebook ausgestiegen. Er hält die Chronik für einen „gravierenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten“. Nach seiner Ansicht würde man im persönlichen Miteinender das Vorgehen von Facebook als „übergriffig“ bezeichnen. Persönliche Mitteilungen von Freunden würden zu Teilen einer Chronik, die sich nicht mehr löschen ließen. So werde beispielsweise eine Beziehung dauerhaft dokumentiert, auch wenn sie auseinandergehen sollte. Die Verfügungsgewalt über die einmal in das Netzwerk eingestellten Daten gehe für alle Zeit an den Internetkonzern über. Huber: „Es ist Zeit einzusehen, dass die Menschenrechte nicht nur ein Bollwerk gegen Freiheitseingriffe von Staaten, sondern auch von mächtigen Konzernen sind.“ Es sei kein Zufall, dass die Einführung der Chronik und der Börsengang des Internet-Giganten zeitlich zusammenträfen: „Denn jetzt wird Facebook noch gezielter werben können; das steigert den Aktienkurs.“

„Virtuelles Zuhause“ von 22 Millionen Deutschen

Hingegen steht nach Decherts Ansicht bei der Frage nach einem Ausstieg aus Facebook weit mehr auf dem Spiel als die christliche Privatsphäre. Die eigentliche Frage sei: „Wenn 22 Millionen Deutsche einen Teil ihrer sozialen Kommunikation über Facebook abwickeln – wollen Christen sich davon abschotten? Stellen wir uns vor, diese 22 Millionen lebten in einer Mega-City mitten in Deutschland – würden Christen dazu aufrufen, dort keine Kirche zu gründen? Dorthin keine Missionare zu entsenden? Dort keine ‚Rechenschaft abzulegen, über die Hoffnung, die in uns ist?’“ Laut Dechert müssen Christen nicht bei Facebook mitmachen. Aber sie hätten dort die Gelegenheit, 22 Millionen Menschen auf einem Weg zu erreichen, der für viele inzwischen zu ihrem Alltag gehöre. Ein medienwirksamer Ausstieg von Christen werde Facebook nicht ändern. Man vertue aber die Chance, „dort Salz und Licht zu sein, wo 22 Millionen ihr virtuelles Zuhause haben“.