28. Januar 2022

Italien: Lob und Tadel für Jesus-Buch des Papstes

Quelle: ead.de

Ein führender italienischer Evangelikaler bezieht Stellung.

Ein führender italienischer Evangelikaler bezieht Stellung
 

Rom (idea) – Das Bild von Jesus Christus, das Papst Benedikt XVI. in seinen Büchern präsentiert, entspricht in weiten Teilen evangelischen Auffassungen. Allerdings gibt es auch wesentliche Unterschiede. Diese Ansicht vertritt der stellvertretende Vorsitzende der Italienischen Evangelischen Allianz, Prof. Leonardo De Chirico (Rom) in einer Rezension des im März erschienenen zweiten Bandes „Jesus von Nazareth – Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung“. Zu den positiven Elementen zählt der Theologe, dass der Papst die Evangelien als zuverlässige Zeugnisse über das Leben Jesu betrachte und sich damit gegen eine historisch-kritische Interpretation wende, wonach übernatürliche Geschehnisse nur Glaubenszeugnisse ohne geschichtliche Bedeutung darstellten. Gut seien auch die Verweise auf das Alte Testament als Hintergrund für die Worte und Taten Jesu sowie die Betonung der Auferstehung, die als historisches Ereignis mit einer zentralen Bedeutung für den christlichen Glauben beschrieben werde.

Keine konsequente Ablehnung der historisch-kritischen Methode

Kritik übt De Chirico sowohl daran, dass der Papst das Jesus-Bild zur Rechtfertigung des katholischen Kirchenverständnisses benutzt, als auch an einzelnen theologischen Aussagen. Der Papst anerkenne zwar – wie von Martin Luther gefordert – die ganze Heilige Schrift als Wort Gottes, aber – im Gegensatz zu den Reformatoren – gründe er den Glauben nicht allein auf die Schrift. Vielmehr betrachte er die Bibel als Teil eines großen Schatzes an Offenbarungen, über den allein die römisch-katholische Kirche wache. Zahlreiche Anweisungen Jesu an seine Jünger beziehe der Papst direkt auf die römisch-katholische Kirche, etwa die Bevollmächtigung des Apostels Petrus. Außerdem sei Benedikt bei der Ablehnung der historisch-kritischen Methode nicht konsequent. So schreibe er, dass die Endzeitreden Jesu nicht so – wie überliefert – gehalten worden seien, sondern erst später von den Verfassern der Evangelien zusammengestellt wurden. Den größten Widerspruch finden die päpstlichen Ausführungen zur Bedeutung des Kreuzes. Indem Benedikt die Schuld der Juden am Tod Jesu leugne und stattdessen die Ankündigung einer vollständigen Rettung des jüdischen Volkes betone, erwecke er den Eindruck, dass Juden das Evangelium nicht verkündigt werden müsse. Selbst die Auffassung, dass Jesus für die Sünden aller Menschen starb und dadurch für die, die an ihn glauben, Versöhnung mit Gott ermöglichte, werde relativiert. Anstatt auf Gericht, Zorn und Strafe hinzuweisen und zur Buße zu rufen, beruhige der Papst die Leser mit dem Hinweis darauf, dass Gottes Barmherzigkeit allen Menschen gelte.