28. Januar 2022

China: Jeder zehnte Einwohner ein Christ?

Quelle: idea.de

Es gibt mehr Christen als Kommunisten.

Wuppertal (idea) – In der Volksrepublik China gibt es heute mehr Christen als Kommunisten. Davon ist die Unternehmerin Qian Yang (Wittenberg) überzeugt, die Kooperationen zwischen deutschen und chinesischen Firmen anbahnt und fördert.

Nach ihren Informationen spricht der chinesische Staat selbst von 100 Millionen evangelischen Christen. Vermutlich sei inzwischen aber bereits jeder zehnte Chinese Christ, sagte die 31-Jährige in einem Interview mit der Zeitschrift „Faktor C“, die der Verband „Christen in der Wirtschaft“ (Wuppertal) herausgibt. Damit läge die Zahl der Christen im einwohnerreichsten Land der Erde bei etwa 130 Millionen. Die Kommunistische Partei Chinas hat rund 80 Millionen Mitglieder. Frau Yang, die aus Tibet stammt, wurde strikt atheistisch erzogen. Als 15-Jährige hörte sie christliche Radiosendungen und ließ sich mit 18 Jahren taufen. Sie studierte Interkulturelle Kommunikationswissenschaft und Germanistik in Peking und absolvierte ein Aufbaustudium an der European School of Business in Reutlingen.

Nichtregistrierte Gemeinden vielerorts geduldet

Wie die Unternehmerin weiter sagte, habe es in den vergangenen drei Jahren in China „dramatische Verbesserungen“ der Lage von Christen gegeben. Die Informationen, die Europäer über die Situation im Land hätten, seien „oft nicht mehr aktuell oder ein bisschen übertrieben“. Sie selbst habe einer Untergrundkirche angehört, die immer wieder umziehen musste, um sich der Religionspolizei zu entziehen, so Yang. Pfarrer und Prediger seien wochenlang inhaftiert worden. Inzwischen seien auch nichtregistrierte Gemeinden vielerorts geduldet. Nach wie vor nicht toleriert werde die Zusammenarbeit oder auch nur der Kontakt mit ausländischen Missionaren. Die Regierung fürchte, dass chinesische Gruppen manipuliert würden. „Die Zusammenarbeit von christlichen Unternehmern aus unterschiedlichen Ländern ist dagegen unproblematisch“, so Yang.

Untergrundgemeinde im Stadtzentrum

Zur Frage, ob die Zeit vorbei sei, dass sich Untergrundgemeinden verstecken müssen, sagte sie: „Insgesamt hat es zumindest viele Erleichterungen gegeben.“ Im Mai habe sie eine nichtregistrierte Gemeinde bei Shanghai besucht: „Von Untergrund war dort keine Spur. Die Kirche befindet sich mitten im Stadtzentrum, Türen und alle Fenster waren offen, der Chor und der Prediger haben Lautsprecher und Mikrofon benutzt, so dass jeder Fußgänger auf der Straße die Botschaft von Jesus Christus sehen und hören konnte.“ Christliche Buchläden befänden sich in jeder großen Stadt. Momentan sei die Regierung allerdings sensibel wegen der Aufstände in der arabischen Welt. Gottesdienstliche Versammlungen auf öffentlichen Plätzen seien deshalb nicht zu empfehlen. Diese Art der Versammlung sei wohl der Hauptgrund gewesen, warum an Ostern Dutzende von Christen festgenommen worden seien.

Erst Bibelkurs – dann Taufe

Nach den Worten der Unternehmerin haben chinesische Christen gemerkt, dass zahlenmäßiges Wachstum nicht genügt: „Es braucht eine Vertiefung des Glaubens; mehr Qualität statt Quantität.“ Früher hätten Gemeinden sofort getauft, heute müsse man mancherorts zunächst an einem Bibelkurs teilnehmen und erläutern, warum man Christ geworden sei. Erst danach folge die Taufe. Yang bezeichnet die Gemeinden als sehr missionarisch: „Sie laden in ihrem Umfeld zum Glauben ein, und sie sehen eine Mitverantwortung für die Weltmission.“