22. Mai 2022

„Nichts ist besser geworden in Afghanistan“

Quelle: idea.de

Dresden/Schwerin/Greifswald (idea) – Schwere Bedenken gegen den Militäreinsatz am Hindukusch haben evangelische Bischöfe zu Jahresbeginn erhoben.
 

Nicht sei besser geworden in Afghanistan, sagte der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende, der sächsische Landesbischof Jochen Bohl (Dresden), in seiner vom Fernsehen übertragenen Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche. Mit diesen Worten knüpfte er an den Satz „Nichts ist gut in Afghanistan“ an. Das hatte an derselben Stelle vor genau einem Jahr die damalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann in ihrer Neujahrspredigt erklärt und damit eine heftige Diskussion ausgelöst. Ende Februar trat sie nach einer Trunkenheitsfahrt von ihren kirchlichen Ämtern zurück. Bohl rief zu Friedensgesprächen in Afghanistan auf; mit Gewalt könne man das nicht erreichen. Schon seit neun Jahren stünden deutsche Soldaten im Land am Hindukusch.

Denkweise der Taliban nicht übernehmen

Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr übten auch die Bischöfe der mecklenburgischen und der pommernschen Landeskirchen, Andreas von Maltzahn (Schwerin) und Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald). Man dürfe nicht die Denkweise der radikal-islamischen Taliban übernehmen, die Vernichtung im Sinn hätten. „Das Böse lässt sich nicht durch Böses überwinden, sondern nur durch das Gute, das an seine Stelle gestellt wird“, sagte Abromeit in der Auslegung der gleich lautenden biblischen Jahreslosung für 2011 aus dem Römerbrief (Kapitel 12, Vers 21). Es sei besser, Positionen zu räumen, als der Logik zu verfallen, die man bekämpfen wolle.

Keine Diskussion über Rolle der Bundeswehr?

Von Maltzahn erklärte, in Afghanistan sei zu sehen, wie wenig es Probleme löse, die Freiheit am Hindukusch verteidigen zu wollen. So hatte der frühere Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) den Bundeswehreinsatz begründet. Von Maltzahn zeigte sich auch besorgt darüber, dass der jetzige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) offen über die Verknüpfung von Militäreinsätzen mit Wirtschaftsinteressen reden wolle. Verwundert ist der Bischof darüber, dass es keine gesellschaftliche Diskussion über die künftige Rolle der Bundeswehr gibt. So errege zwar das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ die Gemüter, nicht aber die Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee.