30. Juni 2022

Streit um PID quer durch Parteien und Kirchen

Quelle: idea.de

Untersuchungen an im Reagenzglas erzeugten Embryonen sorgt für Kontroversen in Kirche und Politik.

Berlin (idea) – Die von der FDP geforderte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) sorgt für Kontroversen in Kirche und Politik.
 

Während der amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), die Untersuchungen an im Reagenzglas erzeugten Embryonen auf Gendefekte befürwortet, lehnt nicht nur die katholische Kirche dies ab: Widerspruch kommt auch aus den eigenen Reihen. Schneider hatte in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ „viel Sympathie“ für das Bestreben geäußert, PID unter eng gefassten Bedingungen zuzulassen. Die Tests sollten nur dann erlaubt sein, wenn die Eltern die Anlage zu schwersten Erbkrankheiten in sich tragen und sie fürchten, dass diese auch auf das Kind übertragen werden. Der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich (München) – wie Schneider Mitglied des Rates der EKD – erklärte, er sei „grundsätzlich gegen jegliche PID“. Die Tests zielten darauf ab, „menschliches Leben auszusortieren – weil es krank ist, nicht lebensfähig oder auf andere Weise nicht den Ansprüchen ,genügt’“, so Friedrich, der auch als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) amtiert.

Katholische Bischöfe: Unvereinbar mit christlichem Menschenbild

Aus Sicht der katholischen Deutschen Bischofskonferenz sind die PID-Untersuchungen unvereinbar mit dem christlichen Menschenbild. „Die Verwerfung eines Embryos aufgrund eines auffälligen Chromosomenbefunds verstößt nicht nur gegen das Achtungsgebot der Menschenwürde und das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, sondern auch gegen das im Grundgesetz festgeschriebene Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung“, so Weihbischof Anton Losinger (Augsburg). Er gehört auch dem Deutschen Ethikrat an.

Klöckner gegen „TÜV-Gesellschaft“

Die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende die Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner (Mainz), sprach sich ebenfalls gegen PID aus, „weil ich als Christin Ehrfurcht vor dem Leben habe“. Ihre große Sorge sei, dass eine Zulassung zu einer „TÜV-Gesellschaft“ führe, die ungeborenen Kindern nur dann die Einpflanzung in die Gebärmutter und damit die Geburt gestattet, wenn sie einen Test bestehen. Auch der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), verlangte ein Verbot. Aus seiner Sicht ist die gegenwärtige Debatte ein Test dafür, wie christlich die Union noch sei.

Kauder für zeitlich befristetes Verbot

Bislang ging man davon aus, dass die PID aufgrund des Embryonenschutzgesetzes verboten ist. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs ist nun aber eine gesetzliche Neuregelung nötig. Die FDP fordert eine Zulassung der Untersuchungsmethode. Laut Medienberichten hat sie dem Koalitionspartner CDU/CSU gedroht, dieses Ziel notfalls auch mit anderen Parteien durchzusetzen. „Im Zweifelsfall suchen wir eine Mehrheit – auch gegen den Koalitionspartner“, sagte der FDP-Gesundheitsexperte Erwin Lotter der Zeitung „Die Welt“. Der Unionsfraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, macht sich für ein zeitlich befristetes Moratorium stark. Er will seine FDP-Kollegin Birgit Homburger überzeugen, die PID vorerst zu verbieten und zu einem späteren Zeitpunkt neu zu regeln. Auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert ein auf zwei Jahre befristetes Verbot, bis ein Fortpflanzungsmedizingesetz verabschiedet ist. Ebenso gibt es bei der SPD etliche PID-Gegner, darunter die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt.