27. Januar 2022

Nigeria: Massaker löschen Generationen von Christen aus

Quelle: idea.de

Der anglikanische Erzbischof Benjamin Kwashi: Alle Religionen sollen Heiligkeit des Lebens achten. Foto: CSW

Jos (idea) – Das Massaker von Muslimen an fast 500 Christen im zentralnigerianischen Bundesstaat Plateau hat Generationen von Dorfbewohnern ausgelöscht. Gegen die ausufernde Gewalt erhebt der anglikanische Erzbischof von Jos, Benjamin Kwashi, seine Stimme.
 

Er ruft Angehörige aller Religionen auf, die Heiligkeit des Lebens zu achten. Hunderte Leichen von Männern, Frauen und Kindern seien in den Ruinen abgebrannter Häuser, auf Wegen und Feldern gefunden worden, so Kwashi. 332 Tote wurden in einem Massengrab in der Ortschaft Dogo Na Hawa beigesetzt. Die nigerianische Menschenrechtsorganisation Civil Rights Congress (Kongress für Bürgerrechte) zählte insgesamt 492 Todesopfer. Etwa 8.000 Menschen sollen auf der Flucht sein. Am 7. März waren Angehörige des muslimischen Nomadenstammes Hausa in drei überwiegend von Christen bewohnte Dörfer eingedrungen und hatten die Bewohner mit Macheten, Pfeil und Bogen sowie Schusswaffen bedroht und massakriert. Dabei riefen sie nach Angaben von Augenzeugen: „Allah ist groß!“ Etwa 200 Tatverdächtige wurden festgenommen. Christen beklagen jedoch, dass die Sicherheitskräfte zu spät eingegriffen hätten. Über die Tatmotive herrscht Unklarheit: So könne es sich um Vergeltungsaktionen für Übergriffe auf Muslime im Januar handeln oder um Streitigkeiten um Landbesitz oder um religiösen Extremismus. Nach Angaben des Generalstaatsanwalts des Bundesstaates, Edward Pwajok (Jos), hat ein Tatverdächtiger zugegeben, mit der Terrororganisation El Kaida in Verbindung zu stehen. Erzbischof Kwashi sagte, man müsse andere Wege finden, Konflikte zu bereinigen als durch „sadistische“ Gewalt. Papst Benedikt XVI. verurteilte ebenfalls die Gewalttaten und rief die nigerianischen Führung auf, sich stärker um Sicherheit und eine friedliche Koexistenz der Religionen zu bemühen. Auch die Islamische Konferenz Nigerias verurteilte die Angriffe und rief zur Versöhnung zwischen Muslimen und Christen auf.

Religiöse Konflikte fordern 3.000 Menschenleben

Unterdessen gerät die Regierung des westafrikanischen Landes unter internationalen Druck. Die UNO hat die Machthaber in der Hauptstadt Abuja aufgefordert, die Sicherheit der Christen zu verbessern. Außerdem verlangten die USA und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (Menschenrechtswacht) eine Untersuchungskommission. Im Bundesstaat Plateau stoßen der islamisch geprägte Norden und der mehrheitlich christliche Süden Nigerias aneinander. Immer wieder entladen sich Spannungen in gewalttätigen Konflikten, denen bisher rund 3.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Zuletzt waren Mitte Januar mindestens 460 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Muslimen und Christen in Jos ums Leben gekommen. Kirchenleiter deuten die Übergriffe als Versuch, den gesamten Bundesstaat Plateau zu islamisieren. In den nördlichen Bundesstaaten gilt das islamische Religionsgesetz, die Scharia. Nigeria hat 140 Millionen Einwohner. Knapp 49 Prozent sind Christen, 45 Prozent Muslime und der Rest Anhänger von Naturreligionen.