28. Mai 2022

Göring-Eckardt: Beim Christival auch Homosexuelle reden lassen

Quelle: idea.de

Berlin (idea) – Die Präses der EKD-Synode, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), hat der evangelikalen Bewegung nahegelegt, bei ihren Treffen auch Homosexuelle sprechen zu lassen.
 

„Warum kann man nicht beispielsweise beim Christival auch mal einen homosexuellen Pfarrer reden lassen, der den Jugendlichen sagt: Ich lebe schon seit 20 Jahren homosexuell und ich lebe gut so“, äußerte die Politikerin in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. „Ich möchte, dass man homosexuellen Jugendlichen sagt: Ihr dürft so sein, und ihr seid auch so von Gott geliebt“, so Göring-Eckardt. Sie spielte auf eine Kontroverse um den Jugendkongress Christival 2008 in Bremen an. Damals war ein Seminar zum Thema „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“ nach massiver öffentlicher Kritik der Grünen von den Veranstaltern abgesagt worden. Die Partei warf den Verantwortlichen vor, Homosexuelle umpolen zu wollen. Wie Göring-Eckardt jetzt sagte, könne es „natürlich gute seelsorgerliche Gründe dafür geben, mit denen zu sprechen, die mit ihrer Homosexualität Probleme haben“. Aber sie wehre sich gegen Seminare, die Homosexuellen sagten, dass sie verkehrt lebten: „Homosexualität ist keine Krankheit.“ Die Präses der EKD-Synode plädierte ferner dafür, dass homosexuelle Lebensgemeinschaften Kinder adoptieren dürfen: „Ich habe erlebt, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften genauso gut aufwachsen können wie Kinder in Ehen von Mann und Frau.“ Wenn etwa bei lesbischen Partnerschaften die Mutter krank werde, sei es für Kinder sinnvoll, „wenn die Lebenspartnerin auch rechtlich für sie sorgen darf“.

Über den Glauben sprechen

Göring-Eckardt ermunterte Christen ferner dazu, mit Nachbarn und Arbeitskollegen über den christlichen Glauben zu sprechen – auch mit Juden und Muslimen: „Wir sollen über unseren Glauben reden, was auch einen Streit um die Wahrheit einschließen kann.“ Zur Frage, was für sie die Aussage Jesu „Ich bin die Wahrheit“ im Gespräch mit Muslimen bedeute, sagte die Synodenpräses: „Ich würde nicht zu einem Muslim sagen, er befinde sich auf einem falschen Weg, sondern ich würde ihm einfach sagen: Ich glaube an etwas anderes.“

Es kommt auf jeden Einzelnen an

Göring-Eckardt zufolge geschieht missionarisches Engagement vor allem dadurch, dass christlicher Glaube vorgelebt wird. „Es wird durchaus registriert, wenn Christen in ihrem Dorf beispielsweise Frieden zwischen Streithähnen stiften.“ Beim Bemühen der Kirche, mehr Mitglieder zu gewinnen, komme es auf jeden einzelnen evangelischen Christen an. So könne man etwa zu einem Kollegen in der Firma sagen: „Wir arbeiten jetzt schon seit zehn Jahren zusammen, hast du nicht mal Lust, zu unserem Gemeindefest mitzukommen oder zum Osternachtgottesdienst?“

Ämter unterscheiden

Göring-Eckardt äußerte sich ferner zu der Frage, ob es nicht zu Konflikten zwischen ihren politischen und kirchlichen Ämtern komme: „Ich versuche, meine Funktionen klar zu trennen, und betone, wenn ich etwas als Politikerin sage oder eben als Präses oder in meinen Funktionen für den Kirchentag.“ Hier liege ihr sehr daran, die Ämter nicht zu vermischen, auch wenn es manchmal Überschneidungen geben könne. „Aber in Wahlkampfzeiten melde ich mich bewusst nicht als Präses.“