27. Januar 2022

Wo zu DDR-Zeiten ein großer Einkaufstempel stand

In der an Tschechien angrenzenden Bergstadt Johanngeorgenstadt baut die 1904 gegründete örtliche Landeskirchliche Gemeinschaft trotz sinkender Einwohnerzahl, gleichbleibender Mitgliederzahl und dünner werdender Finanzdecke ein neues Domizil.

Baukosten: 450.000 Euro
Sesshafte Pietisten wagen unter dem Leitspruch „Im Vertrauen bauen“ (www.im-vertrauen-bauen.de) die Errichtung eines Gemeinschaftshauses mit einer Fläche von etwa 500 m² mitten im Zentrum der Stadt, wo zu DDR-Zeiten ein großer Einkaufstempel stand. Der mit 450.000 Euro veranschlagte Bau soll ausschließlich durch Spenden und Zuschüsse des Landesverbandes finanziert werden.

Das Bauwerk ist ein Glaubenswerk
In seiner Festansprache zur Grundsteinlegung am 8. August sprach der Vorsitzende des Sächsischen Gemeinschaftsverbandes Prof. Johannes Berthold davon, dass das Bauwerk „ein Glaubenswerk“ sei. So wie nach der Apostelgeschichte Gott der Purpurhändlerin und Heidin Lydia ihr Herz auftat und sie dann andere Menschen in ihr Haus einlud, so solle das neue Gemeinschaftshaus ein gastfreies Haus sein. Gleichzeitig betonte Berthold vor mehr als 100 Gästen, das „angesichts der immer stärker werdenden Säkularisierung und Individualisierung in unserer Gesellschaft das in der Evangelisation gegründete Anliegen der Gemeinschaftsbewegung nicht kleiner geworden ist“.

Vergängliche Dinge hinterfragen
Der Johanngeorgenstädter Bürgermeister Holger Hascheck bekannte, dass diese Grundsteinlegung bei den vielen Aufgaben und Sorgen ein Termin sei, bei dem er „Kraft tanken“ könne. Der Bau des Gemeinschaftshauses auf dem Gelände des ehemaligen DDR-Kaufhauses sei „eine Mahnung an uns alle, sich auf die wesentlichen Dinge im Leben zu konzentrieren und die vergänglichen Dinge, wie den täglichen Konsum, auf ihre Vergänglichkeit hin zu hinterfragen“.

Auch Noah musste sich Kritik gefallen lassen
Alexander Krauß, Mitglied des Sächsischen Landtages, verglich das große Vertrauen in die Finanzierung des Neubaus mit der Gründergeneration von Johanngeorgenstadt, die damals in Todesgefahr „einen Aufbruch in eine Gegend wagte, wo nur Bäume standen“. Die vielen Zweifler und Skeptiker, die heute von einer sterbenden Stadt sprächen und sich über den Bau eines neuen Gemeinschaftshauses auf der grünen Wiese wunderten, hätte es, so Krauß, zu Noahs Zeiten auch gegeben, als er seine Arche auf einen Berg baute. Auch heute sei ein großes Vertrauen zu Gott notwendig.
Nach Angaben des Gemeinschaftsverbandes gibt es in Sachsen 144 Gemeinschaftshäuser, davon ist das begonnene Projekt in Johanngeorgenstadt der 49. Neubau seit der Friedlichen Revolution 1989/90.

Prof. Johannes Berthold


Die nachwachsende Gemeinschaftsbewegung


Rainer Thierbach vom Baugeschäft Karlheinz Stefan Breitenbrunn legt die Hülse mit Dokumenten in den Grundstein


MdL Alexander Krauß, Bürgermeister Holger Haschek, Prof. Johannes Berthold (v.l.n.r.)